
ELEISON-KOMMENTARE DCCLXXXVI (6. August 2022) : Die STRUKTUR der MUSIK
Als Papst Pius IX. (1846-1878) eine Liste der Irrtümer erstellte, welche die Menschheit von Gott, Jesus Christus und Seiner katholischen Kirche wegführen, begann er seinen «Syllabus Errorum» von 1864 mit dem radikalsten Irrtum von allen:
«Es gibt kein höchstes, weisestes, alles auf das beste vorhersehendes, göttliches Wesen, das verschieden wäre von diesem Weltall. So ist Gott dasselbe wie das Wesen der Dinge und deshalb den Veränderungen unterworfen. Und in der Wirklichkeit ist Gott ein Werdender im Menschen und in der Welt und alles ist Gott und besitzt Gottes eigene Wesenheit. Auch sind Gott und Welt ein und dasselbe Ding, und deshalb sind ebenfalls eins Geist und Stoff, Notwendigkeit und Freiheit, Wahres und Falsches, Gutes und Böses. Recht und Unrecht.»
In anderen Worten, aus der Leugnung der Existenz Gottes ergeben sich zwangsläufig der Materialismus und die Leugnung des freien Willens, der Wahrheit, der Güte und der Gerechtigkeit. Dies entspricht der Theorie von Karl Marx, laut welcher der Mensch ein rein materielles Wesen ist, das keinen Geist besitzt und dem keine spirituelle Komponente innewohnt.
Im Gegensatz hierzu hat die katholische Kirche stets gelehrt, dass Gott existiert und dass er der Schöpfer und das eine und einzige unendliche, rein spirituelle Wesen ist; dass es eine ungeheure Zahl von Engeln gibt, welche rein spirituell und unsterblich sind, aber geschaffene Wesen, nicht unendlich wie Gott; während es sich bei den Menschen um eine grosse Zahl endlicher, geschaffener Wesen handelt, die aus Körper und Seele bestehen, materiell durch ihren physischen Leib, der aus den physischen, von den biologischen Eltern ererbten Elementen besteht, jedoch auch spirituell durch ihre unsterbliche Seele, die individuell von Gott geschaffen und von Ihm unmittelbar jenen Elementen eingeflösst wurde, die sich im Mutterleib treffen, um nach der Geburt des betreffenden Menschen in seinem Leib zu verweilen und ihm während der Zeit seines Erdendaseins Leben zu verleihen. In anderen Worten, der Mensch ist in der Tat ein materielles Wesen, aber sehr viel mehr als nurdas. Es ist nämlich die Seele, die – je nach dem Gebrauch, den sie von ihrem spirituellen freien Willen macht, während sie mit dem Körper verbunden ist – darüber entscheiden wird, was das ewige Geschick jenes Körpers sein wird, entweder Seligkeit im Himmel oder Qualen in der Hölle, die beide aus menschlicher Sicht unvorstellbar sind.
Der Mensch ist deswegen das höchste von Gottes materiellen Geschöpfen, weil er als einziges von ihnen auch spirituell ist und diese Spiritualität seiner Seele die Fähigkeit nach sich zieht, Gott zu erkennen und zu lieben, was das Wichtigste an ihm ist. Zu behaupten, er sei rein materiell, ist eine gigantische Unwahrheit oder, wenn diese Unwahrheit bewusst ausgesprochen wird, eine Riesenlüge. Alle Menschen besitzen nämlich ein bestimmtes Wissen über ihre eigene Spiritualität und ihr ewiges Schicksal, denn: «Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.» (Johannes I, 9.) Dieses wahre Licht ist unser Herr Jesus Christus. Und doch ist so viele Seelen um uns herum, besonders – aber nicht ausschliesslich – jungen – eingeredet worden, ihr Geist sei lediglich Materie!
Nun ist die Musik eine besondere Sprache der Menschenseele; sie wird auch von Tieren, ja selbst vom Pflanzen gefühlt, drückt für den Menschen jedoch Dinge in seiner Seele aus, die sonst nichts auf dieselbe Art zum Ausdruck bringen kann. Da die Seele des Menschen sowohl spirituell als auch materiell ist – ersteres durch ihre Öffnung gegenüber Gott, letzteres durch ihre Funktion, die in der Belebung des Leibes besteht -, wird die vom Menschen geschaffene Musik deshalb spirituell und materiell zugleich sein, mit allen erdenklichen Zwischenstufen und Mischungen. Gregorianischer Gesang ist hochgradig spirituell, Rock und Rap in höchstem Masse materiell, und klassische Musik nimmt eine Zwischenposition zwischen diesen beiden Polen ein. Von besonderem Interesse ist, auch wenn diese Einsicht grundsätzlich dem gesunden Menschenverstand entspringt, dass die Musik gewissermassen eine objektive Geographie besitzt, welche die objektive Geographie der menschlichen Seele widerspiegelt. Wenn wir die Musik in ihre drei Hauptelemente trennen, nämlich ihre Melodie (melodische Linie), ihre Harmonie (Begleitung) und ihren Rhythmus (Puls), können wir sagen, dass die Melodie die spirituelle Seele anspricht, die Harmonie die höheren Leidenschaften der materiellen Seele und der Rhythmusdieniedrigeren Leidenschaften jener niedrigeren Seele.
Wie der Mensch, zeichnet sich auch seine Musik durch unendliche Vielfalt aus, so dass es stets Ausnahmen geben kann, doch allgemein gesagt entspricht es dem gesunden Menschenverstand, dass eine objektive Übereinstimmung zwischen der Natur der Menschenseele und der Natur der Musik vorliegt. Erstaunen werden hierüber lediglich in der Wolle gefärbte Subjektivisten empfinden, die vom Liberalismus gehirngewaschen worden sind. Wie dem auch sei: für Freitagabend, den 26. August, ist hier in Broadstairs ein einführender Vortrag zum Thema der Geographie der Seele geplant; Samstag den 27. August werden mehrere Vorträge über die Geographie der Musik stattfinden und am Sonntag ein abschliessender Vortrag, bei dem einige der zahlreichen sich aufdrängenden Schlussfolgerungen gezogen werden sollen. John Sullivan wird abermals Klavier spielen, sowohl zur Illustration des Gesagten als auch um einige eindrückliche Beispiele dafür zu präsentieren, besonders von Beethoven, der eine Schlüsselrolle zwischen der höheren und der niedrigeren Musik einnimmt. Die Besucher müssen sich selbst um ihre Unterkunft während der beiden Nächte kümmern. Nach der Veranstaltung sollten Tonaufnahmen für all jene verfügbar sein, die an der Thematik interessiert sind, jedoch nicht persönlich kommen können.
Kyrie eleison.
«Welche Musik nun gut sei, mag ein jeder selbst entscheiden.»
Solch unbedachtes Urteil wird ein kluger Mensch vermeiden.