
ELEISON-KOMMENTARE DCCLXXXV (30. Juli 2022): SOZIODYNAMIK AUF DEM PRÜFSTAND
Das Wort «Soziodynamik» mag ja noch nicht in jedem respektablen Wörterbuch stehen, stellt aber dennoch eine reale Parallele zu «Aerodynamik» dar. So wie es nämlich objektive Gesetze der Aerodynamik gibt, die man sorgfältig beachten muss, wenn ein neues Flugzeugmodell nicht schon gleich nach seinem ersten Start abstürzen und zerschellen soll, gibt es auch objektive Gesetze für den Aufbau und das Überleben einer jeden menschlichen Gesellschaft, wenn diese überleben und nicht schon bald zerfallen soll.
- Thomas Jefferson (1743-1826) war ein brillanter amerikanischer Jurist, der eine führende Rolle bei der Begründung der neuen Nation USA im Jahre 1776 spielte. Ihm wird folgendes Zitat zugeschrieben: “Wir werden der Welt zeigen, dass sie keine Kardinäle oder Könige braucht.» In anderen Worten, die Menschen können sich selbst regieren, ohne sich auf eine göttliche Autorität, sei diese nun religiöser oder ziviler Art, zu stützen. Kurzum, eine Regierung von Menschen kann ohne Gott gut auskommen.
Die Verfassung der neuen Nation fusste alsoauf dem Prinzip der Aufzweigung der Regierungsgewalt in drei Sektoren: Die Legislative (Verabschiedung von Gesetzen), die Judikative (Urteile durch Gerichte) sowie die Exekutive (Anwendung der Gesetze). Mit diesem Konzept wurde bezweckt, dass angesichts des Fehlens eines höheren Wesens, welches die Tätigkeit der Regierung überwacht, jedem der drei menschlichen Zweige der Regierung die Aufgabe zufiel, die beiden anderen in Schach zu halten.
Nun lässt es sich nicht bestreiten, dass die neue Nation nach ihrer Gründung im Jahre 1776 dermassen blühte und so wohlhabend wurde, dass das 20. Jahrhundert von vielen als «amerikanisches Jahrhundert» bezeichnet wurde. Dies hiess, dass die USA aufgrund ihrer wirtschaftlichen und politischen Macht zur führenden Nation des Erdballs geworden waren und in aller Welt bewundert und nachgeahmt wurden. Allerdings können im 21. Jahrhundert kaum noch irgendwelche ernstzunehmenden Beobachter bestreiten, dass der jetzigeamerikanische Präsident grundsätzlich unfähig für sein hohes Amt ist, weil er durch eine gestohlene oder gefälschte Wahl ins Weisse Haus getragen wurde. Und jetzt stehen die Vereinigten Staaten am Rande eines Bürgerkriegs. Was ist schiefgelaufen?
Eine ganze Reihe von Freunden von den USA stellen sich heut diese Frage. Einer von ihnen ist Jeffrey Tucker, der in einem interessanten Artikel
die Auffassung vertritt, seit dem späten 19. Jahrhundert gebe es in den USA einen vierten Zweig der Regierung, der an Umfang, Zielstrebigkeit und Stärke ständig zugenommen habe und zu einer eigenständigen Macht geworden sei. Heute, meint Tucker, habe dieser vierte Zweig die Gestalt einer ungewählten Bürokratie mit rund 432 Agenturen angenommen, die fast drei Millionen Angestellte beschäftigte, welche weder entlassen noch kontrolliert werden könnten. Für Tucker wurden die Existenz und die Schädlichkeit dieser Bürokratie durch einen kürzlichen Entscheid des Obersten Gerichtshofs ins Rampenlicht gerückt, demzufolge eine der Agenturen dieser Bürokratie, die Umweltschutzbehörde, ihre Befugnisse überschritten habe.
Nach Tuckers Urteil war dies ein bewundernswertes Beispiel dafür, wie die Judikative der Nation ihre Exekutive in die Schranken weist, was ganz dem Geist der amerikanischen Verfassung entspricht. Dochals weiteres Beispiel einer solchen Agentur, die sich der Kontrolle durch die Verfassung rechtswidrig entzieht, nennt Tucker keine andere Behörde als den Federal Reserve, der anno 1913 durch den Kongress gegründet wurde, seither jedoch die gesamte Wirtschaft und Politik der USA lenkt (siehe diese «Kommentare» vom 7. März und vom 23. Mai 2022). Ist sich Tucker eigentlich bewusst, was er da sagt? Wenn er mit seinen Aussagen über diese verfassungswidrig agierenden Agenturen recht hat, werden die Entwicklungen in den USA schon seit mehr als einem Jahrhundert unter Missachtung der Verfassung von 1776 gelenkt, weil die von letzterer vorgeschriebenen gegenseitige Kontrolle der drei Regierungszweige nicht mehr stattfindet.
Doch ist dies alles wirklich so überraschend?Denn es heisst in der Heiligen Schrift: «Ein lebender Hund ist besser als ein toter Löwe» (Prediger IX, 4). Erst recht gilt: Besser ein Rudel lebender Hunde als ein Stück Papier. Es waren lebende Richter des Obersten Gerichtshofs, die anno 1973 in der amerikanischen Verfassung das «Recht» auf Abtreibung entdeckten, und 2022 entdeckten lebende Richter, dass dem doch nicht so ist. Wer hat die Macht, diese Richter zu kontrollieren und notfalls in die Schranken zu weisen? «Eine Nation unter Gott» stand früher auf amerikanischen Münzen. Von Gott kam, was immer die USA einst gross machte, in dem Sinne, in dem sie tatsächlich gross waren. Und wenn Amerika, oder irgendein anderes Land, nicht zu Gott zurückfindet, werden seine Menschen es in Stücke reissen.
Kyrie eleison.
Dass Könige und Kardinäle fehlen können – richtig.
Doch Gottes Autorität bleibt für uns unentbehrlich wichtig.