Eleison Comments in German

ELEISON-KOMMENTARE DCCXXIV (29. Mai 2021): PAUL AULAGNIER, R.I.P.

Am 6. Mai verstarb in Frankreich ein Priester, der früher der Priesterbruderschaft St. Pius XII. angehört hatte und dem wir alle unermesslichen Dank schulden, weil er Erzbischof Lefebvre bei der Gründung und dem Aufbau der Bruderschaft entscheidend unterstützt hat. Ich glaube, dass Pater Paul Aulagnier (1943-2021) niemals so glücklich gewesen ist wie in jenen Jahren, da das Werk des Erzbischofs dermassen fest in der katholischen Doktrin verwurzelt und seine Führung dermassen menschlich war, dass Pater Aulagnier dadurch zu seinen zutiefst katholischen Aktivitäten inspiriert wurde. Seit dem Tod des hervorragendenErzbischofs im Jahre 1991 ist dies für manche von uns nicht mehr so leicht gewesen. In der Tat hat sich Pater Aulagniergegen Anfang des neuen Jahrhunderts von der Bruderschaft getrennt; er mag der katholischen Tradition danach noch auf verschiedene Weise gedient haben, doch hat er seinen verehrten und geliebten Erzbischof jedenfalls tief vermisst.

Pater Aulagniers Berufung begann in dem angesehenen französischen Seminar in Rom, und zwar ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, wo dieses unmittelbar nach dem verhängnisvollen Zweiten Vatikanischen Konzil bis in die Grundfesten erschüttert war. Mehrere Seminaristen suchten eine katholische Zufluchtsstätte in dem Seminar, welches der Erzbischof im schweizerischen Fribourg zu schaffen versuchte, doch aufgrund der sich überstürzenden Ereignisse jener stürmischen Zeit hatte dieses anfänglich mit grossen Schwierigkeiten zu ringen, und nach dem ersten Jahr hätte der Erzbischof beinahe das Handtuch geworfen. Zu diesem Zeitpunkt betraten die Seminaristen Aulagnier und Tissier die Bühne der Kirchengeschichte, dene es gelung, den Erzbischof gemeinsam zum Weitermachen zu überzeugen. Später folgten zahlreiche weitere Berufungen, und fortan florierte das Seminar, dank welchem der Erzbischof in jenen dunklen Jahren die katholische Tradition für bessere Tage bewahrte: Doktrin, Messe, Sakramente, Priestertum – wie wäre es heutzutage um all das bestellt, hätte es kein Écône gegeben? Hierin liegt Pater Aulagniers und Bischof Tissiers hauptsächliches Verdienst.

Nachdem Paul Aulagnier 1969 zum Erzbischof gestossen war, wurde er 1971 von ihm zum Priester geweiht und war als Erster Assistent der Bruderschaft von 1973 bis 1982 seine rechte Hand. Von 1976 bis 1994 amtete er ausserdem als Distriktoberer für Frankreich. Während dieser 18 Jahre reiste er die ganze Zeit über durch ganz Frankreich, um gemeinsam mit dem Erzbischof und dessen Helfern jenes Netzwerk von Prioraten, Schulen, Klöstern und anderen Einrichtungen zu flechten, auf denen die Präsenz und der Einfluss der Bruderschaft in Frankreich bis zum heutigen Tage beruhen. Diese Zeit, wird man wohl sagen können, war seine glücklichste und fruchtbarste seines Lebens; auf unzählige Seelen wirkten sein gesunder Menschenverstand und seine gute Laune ansteckend.

Pater Aulagnier hat vom Erzbischof nicht nur unschätzbare Güter empfangen, sondern stand im seinerseits mit gutem Rat zur Seite. 1970 ermunterte er ihn, sowohl das Priesterseminar in Écône als auch die Priesterbruderschaft zu begründen. Diese beiden Schritte zielten darauf ab, die seelsorgerische Tätigkeit von Priestern zu ermöglichen, bei denen vorauszusehen war, dass sie es nach ihrer Weihe ablehnen würden, sich von der offiziellen Kirche, die zusehends ins Lager der Konzilsreligion abdriftete, gängeln zu lassen. Dieses Ziel wurde denn auch erreicht.

1976. als der Erzbischof kurz vor der historischen Ordination der ersten zahlenmässig bedeutenden Gruppe von Priestern aus Écône stand, wandte er sich in einem Moment des Zauderns ratsuchend an Pater Aulagnier, bevor er zur entscheidenden Tat schritt, und Pater Aulagniers Ermutigung gab schliesslich den Ausschlag. Abermals: Wo stünden das Priestertum und die Kirche heute, wenn auch nur einer dieser beiden Männer damals versagt hätte?

Und Ende Mai 1988, als der Erzbischof im Herzen Frankreichs eine grosse Zahl der führenden Verteidiger der katholischen Tradition – Priester und Schwestern – versammelte, um darüber zu beraten, ob er im Juni seinen Plan verwirklichen sollte, ohne offizielle Erlaubnis aus Rom Bischöfe zu weihen, die sich für die Tradition einsetzen würden, bezeugten die Schwestern ausnahmslos Mannesmut (sic), während fast alle Priester zur Verschiebung der Bischofsweihen rieten, ausser Pater Aulagnier, der sagte: «Roms Philosophie und Theologie sind nicht mehr katholisch… Ich fürchte mich vor dem Abkommen, das sie uns anbieten… Ich fürchte die List der Römer… wir laufen Gefahr, vom modernistischen Rom aufgefressen zu werden.» Er hatte damals recht. Und er hat auch heute noch recht.

Lieber Pater Aulagnier, nimm unseren innigen Dank entgegen! Mögest du in Frieden ruhen, und möge dir reicher Lohn zuteilwerden!

Kyrie eleison.

Pater Paul Aulagnier, du halfst uns stets, den Glauben zu erhalten

Für deinen Seelenfrieden woll’n wir zum Gebet die Hände falten.